1. Kapitel

(1)Ich, Clemens, verließ Kaisareia Stratonos zugleich mit Niketas und Akylas und schifften uns ein nach Tyros in Phönikien und waren nach der Weisung des Petros Gäste bei Bernike, der Tochter von Juste, welche uns sehr freundlich aufnahm (2) und sich mit viel Ehre um mich bemühte, aber mit viel Liebe zu Akylas und Niketas, vor Freude nahm sie uns wie eine Vertraute auf und redete offen und drängte uns aufnahmefreudig zur Körperpflege. (3) Als ich also sah, dass wir einen kurzen Aufenthalt nahmen, ließ sie es zu, und ich sagte: „Recht ist es, dass du herbeieilst, um die Liebe vollständig zu machen. (4) Wertvoller aber ist unsere Gottesfurcht. Da wir einen Kampf um die Rettung vieler Seele führen, sind wir geflüchtet, um unsere Ruhe vorzuziehen.

2. Kapitel

(1)Wir haben nämlich erfahren, dass der Magier Simon, als er in Kaisareia bei dem Streitgespräch mit unserm Herrn Petros unterlegen war, plötzlich von dort weg gelaufen ist und viele Übel angerichtet hat. (2) Er hat nämlich bei allen Gegnern Petrus der Wahrheit zuwider verleumdet und die Seelen vieler geraubt. (3) Und wiewohl er selbst ein Magier ist, nennt er ihn einen Magier, und der Irrlehrer, der er selbst ist, lässt ihn als Irrlehrer ausschreien, und in den Streitgesprächen, bei denen er im allgemeinen unterlegen war und geflohen ist, behauptet er, gesiegt zu haben, und er hat angeordnet, nicht länger auf Petros zu hören, wie er besorgt zu sein schien, dass man von dem Magier behext würde.

3. Kapitel

(1)Als unser Herr Petros das erfuhr, schickte er uns voraus, damit wir die Erforscher dessen sein sollten, was über ihn geredet wurde, so dass, wenn es sich so verhalten sollte, er aus dem, was wir geschrieben haben, erfahren könnte, dann kommen und jenen sogleich wegen dessen, mit dem er ihn verleumdet hatte, überführen könne, da uns also die Gefahr für viele Seelen auferlegt ist, deswegen, wegen der Ruhe unseres Leibes waren wir kurze Zeit sorglos und wollen von dir, als einer hier Anwesenden unverfälscht erfahren, ob das, was wir gehört haben, wahr ist; und du sollst uns schon alles sagen.”

4. Kapitel

(1)Die würdige Bernike aber sagte: „ Es verhält sich so, wie ihr gehört habt, hört aber das Andere, was Simon betrifft, was ihr vielleicht nicht wisst: (2) Als er Scheinbilder und Trugbilder viele Tage lang mitten auf dem Marktplatz erscheinen ließ, erschütterte er die Stadt, und die Standbilder seiner Vorgänger wurden bewegt und viele Schatten schritten vorwärts, von denen er erklärte, dies seine die Seelen der Verstorbenen. (3) Dass viele Zauberer ihn zu überführen versuchten, nachdem er sich verwandelt hatte, sei es, dass er später mit der Absicht einer Schmauserei einen Ochsen opferte und sie bewirtete, und er umgab sich mit verschiedenen Krankheiten und unterwarf Dämonen ( um nicht zu viel zu sagen), dass ein. Gott, nachdem er vielen Böses zugefügt hat, hinter dem zurückgeblieben ist, der fürchterlicher ist und mehr geehrt wird.

5. Kapitel

(1)Von daher meine ich nicht, dass es möglich ist, dass Feuer einen solchen, der erschienen ist, verbrennt. Jemand zweifelt nämlich auch nicht an dem, was jener über sie verkündet, sondern das hat jeder fest versprochen. (2) Damit ihr euch nicht in Gefahr begebt, ermahne ich euch, nichts gegen ihn zu unternehmen, ehe Petros gekommen ist, der allein (als höchst bewährter Schüler unseres Herrn Jesus Christos) solch einer Macht widerstehen kann. (3) Diesen Mann habe ich nämlich gefürchtet, außer in dem Fall, dass er auch ein andermal, als er mit meinem Herrn Petros verhandelte, die Niederlage davontrug, nachdem er uns geraten hatte, dass Petros ihm gehorchen und nicht versucht werde, sich mit Simon zu messen.”

6. Kapitel

(1)Und ich sagte: „Wenn unser Herr Petros nicht gewusst hätte, dass nur er die Macht von jenem überwinden kann, hätte er nicht, uns vorausschickend, geboten, heimlich das hinsichtlich Simon Erfahrene aufzuschreiben. Ebenso sind wir, als der Abend eingetreten war und wir das Salz eingenommen hatten, eingeschlafen. (2) Von innen aber kam ein Vertrauter der Bernike und sagte, dass Simon nach Sidon abgereist sei, aber von seinen Schülern Appion, den Sohn der Pleistonike, einen alexandrinischen Mann, Grammatiker, den ein Freund meines Vaters kannte, und Annubion, ein Astrologe aus Diospolis, und Athenodoros, ein Athener, erfüllt vom Worte Epikurs.(3) Wir aber, die das, was Simon betraf, erfahren und drinnen alles aufgeschrieben und Petros geschickt hatten, wandten uns einem Spaziergang zu.

7. Kapitel

(1)Und Appion traf mit uns zusammen, nicht nur mit den genannten beiden Gefährten, sondern auch mit etwa dreißig anderen Männern. (2) Und sogleich, als er mich sah, nachdem er mich begrüßt und geküsst hatte, sagte er: „Das ist Clemens, von dessen Vornehmheit und Freimütigkeit ich euch viel gesagt habe, denn er ist ein Mann vom Geschlecht des Caesar Tiberios und in der ganzen hellenischen Bildung eingeübt, wurde betrogen von einem gewissen Barbaren namens Petros, judäisch[01] zu handeln und zu reden. (3) Von daher halte ich es für angemessen, dass er zu seiner Besserung mit mir streitet. Und in eurer Gegenwart befrage ich ihn. Da er meint, sich dem eigenen Frommsein ergeben zu haben, soll er mir sagen, ob es nicht höchst gottlos ist, das Väterliche zu verlassen und sich barbarischen Sitten zuzuwenden.”

8. Kapitel

(1)Und ich erwiderte: „Deine gute Absicht mir gegenüber erkenne ich an, aber die Unkenntnis weise ich zurück. Denn in dem Guten, in welchem du dich wähnst, willst du, dass ich sein soll. Aber die Erkenntnis einer Freundschaft, die nicht recht ist, streitet mit dem Vorsatz, eine Falle zu stellen[02].” (2)Und Appion sagte: „ Scheint es für dich Unkenntnis zu sein, die väterlichen Sitten zu bewahren und griechisch gesinnt zu sein?” (3) Und ich antwortete: „Das erwählte Frommsein muss nicht das Väterliche bewahren, sondern zu bewahren, wenn es fromm ist, abzulegen aber, wenn es unfromm ist. Es ist möglich, dass jemand, der einen unfrommen Vater hat und fromm sein will, nicht der Art seines Vaters folgen will.” (4) Und Appion entgegnete: „Was also? Sagst du, dass dein Vater ein schlechtes Leben geführt habe?” Und ich sprach: „Schlecht war nicht sein Leben, aber von einer schlechten Überzeugung.” (5) Und Appion: „Ich will hören, was seine schlechte Überzeugung war.” Und ich sagte: „Dass er den schlechten falschen Mythen der Griechen glaubte.” (6) Und Appion fragte: „ Welches sind die falschen schlechten Mythen der Griechen?” Und ich sagte: „ die nicht rechte Lehre von den Göttern, die du, wenn du langmütig bist, mit den Lernbereiten hören wirst.

9. Kapitel

(1)Vor den Gesprächen wollen wir uns deshalb schon an einen ruhigeren Ort zurückziehen.; hier werden wir miteinander reden. Der Grund, dass ich allein reden wollte, war der, dass weder die vielen noch alle rechtschaffen Philosophierenden zu der Entscheidung hinzukommen. (2) Wir verließen nämlich die vielen und die Ruhmredigen, welche auf die Philosophie stolz waren oder die um des Gelderwerbs und nicht der Tugend wegen im schäbigen Gewand gekleidet waren, die, wenn sie nicht das finden, um dessentwillen sie philosophieren, zum Spott werden. Derentwegen kümmerten wir uns um einen Platz zum Alleinsein.

10. Kapitel

(1)Und ein reicher Mann unter ihnen, der auch <immer>[03] Land für sich mit vielen Gewächsen erworben hatte, sprach: „Da eine große Hitze brennt, wollen wir uns ein wenig von der Stadt in unsere Gärten entfernen. (2) Und wir gingen hin und setzten uns, daselbst waren reine Bäche kalten Flusses und ein grüner Schutz von mancherlei Zweigen. (3) Dort setzte ich mich darunter und die Übrigen um mich herum, und als wir ruhten, waren, weil sie mich anstarrten, statt einer mich herausfordernden Stimme diejenigen offenkundig, die den Beweis für ein Versprechen vortäuschten. Und so begann ich also zu reden:

11. Kapitel

(1)„Ein großer Unterschied, o griechische Männer, besteht zwischen der Wahrheit und der Gewohnheit. Die ehrlich gesuchte Wahrheit wird nämlich gefunden, die Gewohnheit aber, soweit sie überkommen ist, sei sie wahr oder falsch, wird ungeprüft von einem übernommen, und der sie empfängt freut sich weder am Wahren noch wird er durch die Lüge beschwert. (2) Er hat nämlich nicht durch eine Prüfung, sondern durch Vermutung geglaubt, durch Meinung derer, die vor ihm waren durch einen verborgenen Zufall die eigene empfangene Hoffnung. Und es ist nicht leicht, die väterliche Kleidung auszuziehen, auch wenn ihm nachgewiesen wird, dass sie töricht und lächerlich ist.

12. Kapitel

(1)Zugleich sage ich freilich, dass die Bildung der Griechen ein schweres Vorurteil eines bösen Dämons ist. (2) Die nämlich ihre vielen Götter eingeführt haben und diese für böse und alles erleidend (halten), damit der, welcher dasselbe tun will, sich auch nicht schämt ( was einem Menschen eigentümlich ist) und ein Beispiel eines bösen und unehrenhaften Lebens der erdichteten Götter hat. (3) Darin[04] zeigt sich weder die Scham noch die Hoffnung auf Umdenken. Andere führen aber das Schicksal ein, das so genannte Geschick, ohne die man nichts erleiden noch tun kann. (4) Ebenso ist es also damit wie mit dem Ersten; Wenn nämlich jemand meint, dass er ohne das Geschick weder etwas zu leiden noch zu tun hat, gelangt er schnell zum Sündigen – und der Sünder bereut nicht, was er Gottloses getan hat, indem er zur Verteidigung anführt, dass er vom Geschick gezwungen worden sei – und wie das Geschick beeinflussen kann, auf das hin er sündigt, so gibt es auch keine Scham.

13. Kapitel

(1)Andere aber stellen sich einen unbedachten Ablauf vor, als ob alles von selbst umherschweift, ohne übergeordneten Gebieter. Dies aber so zu meinen, wie wir gesagt haben, ist die schlimmste der Meinungen. (2) Wenn es nämlich keinen gibt, der übergeordnet ist und voraussieht und jedem nach Würdigkeit zuteilt, dass dann alles ohne Furcht[05] leicht vollbracht werden kann. Von daher werden diejenigen, die dies denken, nicht leicht 8 oder schnell und nicht gänzlich) gebessert; sie sehen nämlich die drohende Gefahr nicht voraus. (3) Doch die Rede der (wie ihr sagt) barbarischen Juden ist am frömmsten, welche einen Vater und Schöpfer des Alls darstellt, von natur gut und gerecht; gut deshalb, weil er Bereuenden Sünden vergibt, gerecht aber, weil er jeden, der seine Gesinnung nicht ändert, entsprechend dem, was er getan hat, anklagt.

14,Kapitel

(1)Dies ist die Rede, wenn auch die zutreffende Botschaft, so fromm sie ist, nicht mit dem Leben übereinstimmen sollte. Jeder empfängt nämlich durch die Erwartung, von dem alles sehenden Gott sich mehr auf seinen Trieb zu besinnen. Wenn die Rede wahr ist, dann entfernt er den, der besonnen gelebt hat, von der ewigen Strafe, und er hat Wohltaten erzeigt mir den ewigen und unaussprechlichen von Gott gewordenen Gütern.

15. Kapitel

(1)Außerdem wende ich mich der ersten Meinung der Griechen zu, welche erdichten, dass es viele und vieles erleidende Götter gebe. Und damit ich nicht viel Zeit verschwende, indem ich die gottlosen Taten eines jeden der sogenannten Götter, alle ihre Liebschaften nicht erzähle, die von Zeus und auch von Poseidon, und von Pluton und von Apollon, und von Dionysos und von Herakles und von jedem Einzelnen, über die ihr aus eurer griechischen Bildung angetrieben selbst nicht unwissend seid, in deren Leben ihr erzogen wurdet, so dass ihr als Eiferer der Götter dasselbe tun sollt, so will ich anfangen bei dem königlichsten Zeus, dessen Vater Kronos (wie ihr sagt) die eigenen Kinder verschlang[06], der mit einer eisernen Sichel die Geschlechtsteile des Vaters Uranos abgemäht[07] und denen, die um das Geheimnis der Götter eifern das Muster der Frömmigkeit gegenüber den Eltern und der Liebe zu den Kindern gezeigt hat.(2) Zeus selbst hat seinen Vater gefesselt zum Tartaros geworfen[08] und die anderen Götter bestraft. Für diejenigen, die unsagbar schändlich handeln wollen, hat er die Metis gezeugt und verschlungen. Die Metis war aber ein Kind; Eine Leibesfrucht zu verschlingen ist nämlich unmöglich.[09] (3) Zur Verteidigung der Knabenliebe raubt er den Ganymed[10]. Um den Ehebrechern beim Ehebruch beizustehen, wird er selbst oft als Ehebrecher gefunden. Geschwisterneid aber fördert er, indem er sich mit Schwestern vereinigt, mit Hera und mit Demeter und mit der himmlischen Aphrodite, welche einige Dodone[11] nennen. Für diejenigen, die mit einer Tochter schlafen wollen, ist er ein böses Beispiel geworden, da er sich nach den Mythen mit Persephone vereinigte. Andere zehntausendmal hat er gottlos gehandelt, so dass von den Gottlosen der Mythos[12] festgelegt wurde, dass er wegen der maßlosen Verderbtheit ein Gott sei.

17. Kapitel

(1)Für Ungebildete magst zu es für vernünftig halten, dass sie sich über solche Ansichten nur mäßig aufregen, was aber ist über die von der Bildung Gelenkten zu sagen? Einige von denen, die als Grammatiker und Gelehrte gelten, halten daran fest, dass derartige Taten der Götter würdig sind. (2) Da sie nämlich zügellos sind und diesen Mythos als Vorwand annehmen, indem sie offen erklären, als Nachahmer der Höheren Zweifelhaftes zu begehen.

18. Kapitel

(1)Deshalb sündigen diejenigen von ihnen, die auf dem Lande leben viel weniger, weil sie nicht zum Bösen verführt werden durch diejenigen, die sich dazu erfrechen, weil sie von schlimmer Kindheit an zur Gottlosigkeit erzogen worden sind. (2) Diejenigen nämlich, die von Kindheit an mit Schriften derartiger Mythen unterrichtet worden sind, wenn ihre Seele noch unberührt ist, vereinigen ihren Verstand mit den Taten der so genannten Götter. (3) Von daher kommen sie mit zunehmendem Alter wie bei ausgeworfenem Samen in der Seele zur Reife; und das Schwierigste von allem ist, dass die eingewurzelten Gottlosigkeiten nicht leicht auszurotten sind, und wenn sie erwachsen sind, ist es schwer, bedacht zu werden.(4) Jeder nämlich unter ihnen, der von Kindheit an (daran) gewöhnt ist, ergötzt sich, daran festzuhalten, und so ist die Gewohnheit nicht weniger als das körperliche Vermögen. es wird schwerer zu verändern sein als das Gute, das ihnen von Anfang an in die Seele gelegt wurde.

19. Kapitel

(1)Deshalb ist es nötig, dass auch die Jugendlichen nicht durch Lehren eingeübt werden, welche verderblich sind und sie vom Hören auf die griechischen Mythologien zur rechten Zeit zurückgehalten werden; (2)Es ist nämlich besser hinsichtlich ihrer Lehren unwissend zu sein, wie wir an den Landbewohnern gezeigt haben, weil die das Griechentum nicht gelernt und weniger sündigen. (3) Zu meiden sind fürwahr ihre derartigen Mythen und die Theater und die Bücher, soweit möglich, und die Städte. Sie sind nämlich vollböser Lehren und blasen um die Wette wie dem Nächsten eine Leidenschaft zu vermitteln, der sie unterworfen sind.(4) Das Schwierigste aber ist, je mehr einer von ihnen erzogen wird, umso mehr wird er von der Natur abgewandt.

20. Kapitel

(1)Einige aber bei euch, die sich auch für Philosophen halten legen fest, dass derartige Verfehlungen (sittlich) neutral seien und nennen diejenigen, welche über derartige taten zornig sind, Unwissende. (2) Derartiges (sagen sie) ist nämlich für die Natur keine Verfehlung, welche durch festgelegte Gesetze nicht von denen verboten sind, welche von Anfang an weise gewesen sind, weil sie wissen, dass Menschen mit unzuverlässiger Seele, die über dergleichen sehr betrübt sind, einen Streit untereinander anfangen; derentwegen haben die Weisen ein Gesetz gegeben und dergleichen als Übertretung verboten. (3) Es ist aber lächerlich, solches anzunehmen. (3) Wieso sind nämlich die Verfehlungen nicht die Ursachen von Unruhen, Lärm und aller Verwirrung? Tauchen denn nicht aus Ehebrüchen Begrenzungen der Lebensmittel, Aufruhr der Häuser, Zaubereien, Betrügereien, Zweifel und viele andere Übel auf?

21. Kapitel

(1)Aber warum (sagt er) eifert der Mann etwa, zürnt, tobt, streitet, wenn er garnicht weiß, dass seine Frau die Ehe bricht? So ist dies nicht von Natur aus schlecht, sondern die unvernünftige Vermutung macht es schlimm. (2) Ich aber sage, dass, wenn auch diese schlimmen Sachen zusammentreffen, sie es hinnimmt aus der Gewohnheit hinsichtlich des Ehebrechers, oder den Mann zu verlassen oder zu überlegen, bei ihm zu wohnen oder das durch die Mühe des Mannes Beschaffte dem Ehebrecher auszuliefern, und da der Mann weggegangen ist, nachdem sie von dem Ehebrecher schwanger geworden war, zu beabsichtigen, die Leibesfrucht zu vernichten und Kindesmörderin zu werden, weil sie eine Untersuchung scheut oder auch mit der Vernichteten (Leibesfrucht) zusammen zugrunde zu gehen; (3) Wenn sie aber mit einem Mann zusammen war und von dem Ehebrecher schwanger geworden ist und der herangewachsene Knabe den Vater nicht kennt, aber den, der es nicht ist, (dafür) hält, dann wird auch derjenige, der nicht Vater ist, wenn erstirbt, dem fremden Knaben seinen Besitz hinterlassen. Er liebt (ihn), wie viele andere Übel auch aus dem Ehebruch emportauchen mögen. (4) Und das Verborgene der Übel sehen wir nicht. Wie nämlich ein wütender Hund diejenigen beiseite räumt, an denen er sich stößt, an der unsichtbaren Wut teilnehmen lassend, so auch das verborgene Übel des Ehebruchs, auch wenn er unbekannt ist, er wird die Beseitigung der Folgen vollziehen.

22. Kapitel

(1)Aber dies habe ich euch zwar unbeachtet gelassen, jenes aber sehen wir alle, wie überhaupt unter diesen Bedingungen die stets unzufriedenen Männer, und sie erwecken unter diesen Umständen Streitigkeiten, und Umstürze der Häuser[13] geschehen und Eroberung von Städten und zehntausend anderes. (2) Deshalb habe ich bei dem Gott und dem Gesetz der Judäer Zuflucht gesucht, nachdem ich den Glauben dem sicheren Gericht übergeben habe, denn aus dem gerechten Gericht Gottes wird das Gesetz bestimmt, und die Seele empfängt nach Würdigkeit das, was sie irgend wann einmal getan hat,”

23. Kapitel

(1)Nachdem ich das gesagt hatte, trat Appion der Rede entgegen: „Was denn? Haben nicht auch die Gesetze der Griechen das Böse unter Anklage gestellt und die Ehebrecher bestraft?” (2) Und ich antwortete: „ Also haben sich doch die Götter der Griechen, da sie das Gegenteil von den Gesetzen taten, einer Strafe schuldig gemacht. Wie aber kann ich mich selbst bessern, wenn ich annehme, dass die Götter selbst als Erste zugleich mit dem Ehebruch alles Schlimme getan und das Recht nicht befolgt haben, dem viel mehr die Schuldigen ausgeliefert wurden, als ob sie nicht der Begierde gedient hätten. (3) Wenn sie aber (dem Recht) unterworfen waren, wieso waren sie Götter?” (3) Und Appion: „Für uns waren die Götter nicht mehr als Aufsehen eingesetzt, sondern die Richter, auf die wir sahen und fürchteten uns, zu sündigen.” Und ich sagte: „ Das ist nicht dasselbe, o Appion; wer nämlich einen Aufseher über einen Menschen hat mit der Hoffnung sich zu verbergen, wird zu sündigen wagen, aber der alles sehende Gott eigenen Seele eine Grenze gesetzt und weiß, dass er sich nicht verbergen kann, und das heimliche Sündigen wird vermieden.”

24. Kapitel

Als Appion das hörte, sprach er: „Seit ich gehört habe, weiß ich, dass du mit den Judäern Umgang hast, dass die Überzeugung geändert wird. Gut wurde nämlich von einem gesagt: Schlechter Umgang verdirbt das Tüchtige[14]”. (2) Und ich sprach: „ Folglich richtet nicht schon schlechter Umgang das Untüchtige auf.” Und Appion sagte: „Heute habe ich deine Lebensweise vollständig erkannt, deshalb habe ich dir Platz gemacht, zuerst zureden; (3) morgen aber, wenn es dir gefällig ist, wenn ihre Freunde zusammenkommen, werde ich beweisen, dass unsere Götter weder Ehebrecher sind, noch Mörder, noch Knabenschänder, noch sich Schwestern oder Töchtern genähert haben, sondern die Alten haben die Mysterien verhüllt, damit allein die Wissbegierigen, die das in den Mythen, von deren du gesprochen hast, erkennen wollen. (4) Man erklärt nämlich, das Lebendige[15] sei ein brodelndes[16] Sein, Kronos aber die Zeit[17] und Rhea die immer fließende[18] Natur des Wassers. (5) Wie ich außerdem bemerkt habe, werde ich euch morgen von Tagesanbruch an, wenn wir zusammenkommen, allegorisierend die Wahrheit des Seienden erklären.” (6) Und ich sagte daraufhin: „Morgen, wie du gesagt hast, tue es so! Aber schon hier höre auch schon das, was du sagen willst!

25. Kapitel

(1)Wenn die Taten der Götter zwar gut sind, sind sie durch schlimme Mythen verhüllt, wobei vieles des Verhüllten Schlechtes zeigt, denn das Verehrungswürdige wird durch schlechte Erzählungen verdeckt, sodass nicht einer von ihnen zum Eiferer wird; (2) wenn aber einer wahrhaftig das Gottlose vollbracht hat, musste er es im Gegenteil für die Guten verhüllen, damit die Menschen nicht, wie auf das Bessere blickend, das ihm Ähnliche zu sündigen beabsichtigen.” (3) Als ich dies gesagt hatte, begriffen die angesehenen Anwesenden von Anfang an die zu ihnen von mir gesprochenen Worte der Liebe. Nachdem sie mich auch dauernd und eifrig ganz und gar gewürdigt hatten, schieden sie am nächsten Tag, um wegzugehen.

Übersetzt von Dr. Hans Jochen Genthe 2013
[01] T: Statt „judäisch“ liest eine Handschrift „christlich“
[02] Ü: Die Übersetzung des letzten Satzes ist nicht sicher
[03] T: Das Eingeklammerte ist textlich gestört
[04] E: Gemeint ist das böse und unehrenhafte Leben der Götter
[05] V: Gemeint ist die Gottesfurcht
[06] V: Hesiod, Theogonie 459 – 460
[07] V: Hesiod, Theogonie 173 – 181
[08] V: Hesiod, Theogonie 718 – 730, wo nicht von Kronos, sondern von den Titanen die Rede ist, die allerdings wie Kronos Söhne des Uranos sind
[09] V: Die Geschichte der Metis wird hier etwas verworren dargestellt. Die mythischen Belege finden sich bei Hesiod, Theogonie 888 –896: Mit Metis (Μητισ, zu deutsch „Weisheit“), „…da täuschte mit List und schmeichelnden Worten Zeus die Göttin und barg sie“ – gemeint ist die Leibesfrucht –„selbst im eigenen Leibe“. Dann entspringt das Kind dem Haupte des Zeus. Es handelt sich um Athene.
[10] V: Homer, Ilias 20, 231 – 235
[11] T: Hier ist der Text gestört
[12] T: Dieses Wort scheint an dieser Stelle ein Textstörung zu sein.
[13] E: Gemeint sind Familien
[14] V: I.Kor 15,33
[15] E: Griechisch: Ζηνα (spr. zéna)
[16] E: Griechisch: ζευσα (spr. zeusa)
[17] E: Griechisch χρονοσ (spr. chrónos)
[18] E: Griechisch rheusa (spr. rheusa)