Einleitung

Der Zusammenhang des 2. Johannesbriefes mit den anderen „johanneischen” Schriften ist in der Einleitung zum 1. Johannesbrief erörtert worden. Im Unterschied zum 1. Johannesbrief, der eine literarische Predigt ist, haben wir es beim 2. Johannesbrief mit einem echten Brief zu tun, nämlich mit dem Brief eines Presbyteros an eine Gemeinde zu tun. Presbyteros (πρεσβυτεροσ) heißt wörtlich „Älterer”. Damit kann einfach ein älterer Mann gemeint sein. Das Wort bezeichnet aber gerade im Neuen Testament – nach jüdischem Vorbild – einen Angehörigen der Gemeindeleitung. Daran könnte man hier denken. Wahrscheinlicher ist aber eine dritte Bedeutung, die uns in der Schrift des Bischofs Papias von Hierapolis (um 130), deren Fragmente der Bischof Eusebios von Caesarea in seiner Kirchengeschichte bewahrt hat, begegnet. Papias bezeichnet als Presbyteros jemanden, der die Schüler, also die Augen- und Ohrenzeugen des Herrn gekannt und gehört hat. Papias rechnet sich selbst nicht zu ihnen, hat aber solche noch gekannt, darunter einen mit Namen Johannes. Es liegt nahe, in diesem den Verfasser des 2. (und auch des 3.) Johannesbriefes zu sehen. Die Herrin, an die er sich wendet, ist keine weibliche Person, sondern meint eine Gemeinde. Bestimmte Städte als Frauen zu bezeichnen war im Altertum nicht ungewöhnlich, und das konnte auf christliche Gemeinden übertragen werden, wofür es gelegentliche Zeugnisse gibt.

Übersetzung

Der Ausgangstext der Übersetzung ist Nestle-Aland, Novum Testamentum Graece, 27. Auflage, Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.

(1)Der Presbyteros[01] an die erwählte[02] Herrin[03] und ihre Kinder[04], die ich in Wahrheit[05][06] liebe, und nicht nur ich, sondern auch alle, welche die Wahrheit erkannt haben, durch die Wahrheit, die in uns bleibt und mit uns sei in Ewigkeit. (3) Mit euch sei Gnade, Erbarmen, Friede von Gott dem Vater und von Jesus Christos, dem Sohn des Vaters in Wahrheit und Liebe[07].

(4) Ich habe mich sehr darüber gefreut, von deinen Kindern welche gefunden zu haben, die sich in Wahrheit bewegen, wie wir ein Gebot vom Vater empfangen haben. (5) Und jetzt bitte ich dich, Herrin, nicht als ob ich dir ein neues Gebot[08] schreibe, sondern was wir von Anfang an[09] haben, dass wir einander lieben. (6) Und das ist die Liebe, dass wir uns nach seinen Geboten verhalten; Dies ist das Gebot[10], wie ihr von Anfang angehört habt, dass ihr euch danach verhalten sollt.

(7) Denn viele Verführer sind in die Welt hinausgegangen, die nicht bekennen, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist[11]; das ist der Verführer[12] und der Gegenchristos[13]. (8) Seht euch vor, dass ihr nicht das zugrunde richtet, was wir erarbeitet haben, sondern dass ihr vollen Lohn empfangt[14].

(9) Jeder, der „voranschreitet”[15] und nicht in der Lehre des Christos bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat den Vater und den Sohn[16]. (10) Wenn einer zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, den nehmt nicht ins Haus[17] auf, und grüßt ihn nicht! (11) Wer ihm nämlich einen Gruß entbietet, der hat Teil an seinen bösen Taten[18].

(12) Obwohl ich euch viel zu schreiben habe, will ich es nicht mit Papyrus und Tinte tun[19], hoffe vielmehr bei euch zu sein [20]und von Mund zu Mund[21] zu reden, damit eure Freude vollkommen sei[22].

(13) Es grüßen dich die Kinder[23] deiner erwählten[24] Schwester.

[01] V: I.Petr 5,1
[02] V: Vers 33 I.Petr 5,13
[03] V: Vers 5
[04] V: Vers 33 . Joh 3,18
[05] V: III.Joh 1
[06] V: Joh 8,32 I.Tim 2,4 II.Tim 3,7 Hebr 10,26
[07] V: I.Tim 1,2 II.Tim 1,2 Tit 1,4
[08] V: Joh 13,34; 15,12-13.17 I.Petr 1,22 I.Joh 2,7-8; 3,11.23; 4,7.11
[09] V: Vers 6 I.Joh 2,7.24; 3.11
[10] V: I.Joh 5,3
[11] V: I.Joh 4,2
[12] V: I.Joh 2,26; 3,7; 4,6
[13] V: Matth 24,24 = Marc 13,22 I.Joh 2,18.22;4,3
[14] V: Rut 2,12
[15] V: II.Tim 2,16;3,9. 13
[16] V: I.Joh 2,23-24
[17] V: Matth 10,13-14
[18] V: I.Tim 5,22 OffbJoh 18,4
[19] V: III.Joh 13
[20] V: III.Joh 14
[21] V: Nu 12,8
[22] V: Joh 3,29; 15,11; 16,24; 17,13 I.Joh 1,4
[23] V: Vers 1
[24] V: Vers 1