1. Kapitel

(1)Als ich am dritten Tage zu dem vorher bestimmten Ort in Tyros komme, finde ich Appion zwischen Annubion und Athenodoros und vielen anderen Männern aus der Verwandtschaft sitzen und uns erwarten. (2) Und gleichwohl nicht erschrocken setzte ich mich Appion gegenüber, der bald darauf zu sagen anhob: „Zuerst will ich hier anfangen, schon schnell zu dem kommen, was untersucht wird. (3) Ehe du, Kind Clemens, hier bei uns warst, haben dieser Annubion und Athenodoros, die gestern mit vielen anderen gehört haben, was du dargelegt hast, mir erzählt, wie ich in Rom angekommen, dir als einem Liebenden viel von den Göttern vorgelogen habe, indem ich sie Knabenschänder, Schwelger, Beischläfer der Mütter, Schwestern und Töchter genannt habe und behaftet mit Zehntausenden von Ehebrüchen. (4) Doch ich sollte dich, o Kind, wissen lassen, dass ich nicht derartiges über die Götter denkend geschrieben habe, aber aus Zuneigung zu dir, habe ich verhehlt, das wahre auszusprechen, was du, wenn du jetzt willst, von mir hören sollst.

2. Kapitel

(1)Die Weisesten der Männer von einst, welche die selbst die Wahrheit unter Mühe gelernt haben, haben verhindert, dass die Unwürdigen und diejenigen, die sich nicht nach den göttlichen Lehren ausstrecken, die Erkenntnis empfangen. (2) Von Uranos und seiner Mutter Ge wurden nämlich nicht zwölf Kinder gezeugt, wie der Mythos erzählt, und zwar männlich: Okeanos, Koios, Krios, Hyperion, Iapetos, Kronos; weiblich: Theia, Themis, Mnemosyne, Demeter, Tethys, Rhea[01]; Auch hat Kronos nicht mit einer eisernen Sichel die Schamteile seines Vaters Uranos abgeschnitten und in den Abgrund geworfen[02]. (3) Auch wurde Aphrodite nicht aus den Tropfen des herabgeflossenen Blutes dessen, was von Uranos abgeschnitten war, geboren[03], auch hat Kronos nicht mit Rhea geschlafen und Pluton gezeugt, den er als Ersten wegen einer vorsorglichen Anordnung verschlungen hat[04]. Da er fürchtete, dass jemals ein von ihm gezeugtes Kind vornehmer als er werden und ihn der Herrschaft berauben würde. (4) Den Poseidon hat er nicht als Zweiten gezeugt und ebenfalls verschlungen. Nach diesen hat er nicht den Zeus gezeugt, den seine Mutter Rhea versteckt und dem getäuschten Kronos zum Verschlingen einen Stein gegeben hat[05]. Er hat die zuvor Verschlungenen, nachdem er sie verschlungen hatte, nicht hinaus gespieen, dass zuerst der zuerst verschlungene Pluton, darauf Poseidon (und als Dritter Zeus) herausgekommen sei. (5) Auch wurde Zeus nicht durch die Voraussicht der Mutter (wie man sagt) gerettet und ist zum Himmel aufgestiegen, hat (nicht) den Vater der Herrschaft ergriffen. Er hat die Brüder des Vaters nicht bestraft. (6) Er ist nicht zum Liebesverlangen sterblicher Frauen herabgekommen. Er hat sich nicht mit Schwestern oder Töchtern, nicht mit den Frauen der Brüder, nicht Knaben schändlich eingelassen.(7) Er hat auch die Metis nicht verschlungen, nachdem gezeugt hatte, so dass er die Athena, die von Metis stammte, aus seinem Haupt aufschießen ließ[06],aus dem Schenkel hat er den Dionysos (nicht) geboren[07], der angeblich von den Titanen zerrissen worden ist. (8) Die Mahlzeit bei der Hochzeit von Thetis und Peleus wurde nicht begangen[08]. Eris war dem Mahl nicht fern geblieben. Auch hat diese verachtete Eris unter den Eingeladenen keinen Streit und Aufruhr ersonnen. Auf einen goldenen Apfel, den sie aus dem Garten der Hesperiden bekommen hatte, hat sie nicht geschrieben „Geschenk für die Schöne”. (9) Weiter erzählt man, wie Hera und Athena und Aphrodite den Apfel gefunden haben und streitsüchtig zu Zeus gekommen sind. Der hat zwar keine Entscheidung getroffen, aber durch Hermes wegen der Schönheit derer, über die zu entscheiden war, zu dem Hirten Paris geschickt. (10) Doch wurde weder über die Göttinnen entschieden, noch hat Paris der Aphrodite den Apfel gegeben. Die geehrte Aphrodite bei der Hochzeit der Helene keine Ehre erwiesen. (11) Durch die Ehrung der Göttin entstand nämlich nicht die Absicht eines Vielvölkerkrieges, und dies zur Ehre dessen, der Ehrung empfangen hatte und mit dem Geschlecht der Aphrodite verwandt war. (12) Doch (wie man sagt), o Kind, hat dies einen angemessenen und philosophischen Sinn, durch eine Allegorie kann er gezeigt werden, so dass du verwundert wirst, wenn du (es) hörst.” (13)Und ich sagte: „ Bitte, du sollst mich nicht quälen, indem du (es) hinauszögerst.” Und er sprach: „Du sollst nichts fürchten; ich werde nämlich nicht hinausschieben, sondern ich werde schon zu reden beginnen.

3. Kapitel

(1)Einst war nichts außer dem Chaos und der Mischung der ungeordneten und zusammen gehäuften Elemente, Dies verhält sich sonach der mit sich übereinstimmenden Natur und der Erkenntnis der großen Männer. (2) Und ich werde dir Homeros selbst als den größten Zeugen der an Weisheit Großen anführen, der von der ursprünglichen Verwirrung gesagt hat: `Aber mögt ihr alle zu Wasser und Erde werden[09]´,wie von dort der Ursprung alles Seienden ist und nach der Auflösung des flüssige und erdenen Seins die ursprüngliche Natur wieder hergestellt wird, welche das Chaos ist.(3) Hesiodos sagt in der Theogonie: `Wahrlich als Erstes entstand das Chaos´[10], aber das `entstand´ zeigt, dass das Entstehenwerden wie das Entstandene anzeigen, das es nicht immer ist wie das Nichtentstandene. (4) Und Orpheus[11] vergleicht das Chaos mit einem Ei, in welchem es eine Verwirrung der ersten Elemente gab. Dies Chaos setzt auch Hesiodos voraus, was Orpheus ein entstandenes Ei nennt, aus dem Unendlichen der Materie hervorgegangen, so aber entstanden:

4. Kapitel

[12](1) Als die viergestaltige Materie, die belebt war, und ein ganz grenzenloser immer fließender und ungetrennt getriebener Abgrund und Zehntausende unendlicher Mischungen bald so, bald so ergoss und sich deswegen durch Unordnung auflöste und sich ergoss wie zur Entstehung eines Lebewesens, das nicht gestellt werden konnte, traf es sich einst, dass das Meer, von der eigenen Natur hin und her gestoßen, durch natürliche Bewegung wohlgeordnet davon zurückgehalten wird wie zu einem Strudel und die Wesen zu mischen, und so wurde aus jedem von allem das Nützlichste, was zur Entstehung eines Lebewesens nötig war, wie mitten in einem Trichter von allem zurückgehalten wird und von dem, der alles trägt, wird ein Strudel in die Tiefe abgesondert, und der umgebende Geist wird hingezogen und vollzieht eine entscheidende Vereinigung wie sehr fruchtbar geschwängert. (3) Wie nämlich das Wässerige zur Blase werden möchte, so wird der kugelförmige Raum von allen Seiten umfasst. Danach in sich selbst bewegt, in Bewegung gesetzt von dem umfassenden göttlichen Geist, und neigt sich zu einem großen Licht, das ist die Geburt, wie aus dem ganzen unendlichen Abgrund eine beseelte Schöpfung hervorgebracht wird und an Umfang dem Ei ähnlich und der Schnelligkeit des Fluges.

5. Kapitel

(1)Kronos bedeutet also für mich die Zeit[13] , Rhea aber das Fließende[14] des flüssigen Wesens, denn durch die Zeit wurde die ganze Materie einem Ei gleich getragen, welches das All kugelförmig umgab und den Himmel hervorbrachte; (2) was von Anfang an voll der Zeugungskraft war, wie die Elemente und verschiedenen Farben Kinder zeugen können,[15] und ebenso bringt es auch die verschiedenartige Erscheinung aus einem Wesen und (einer) Farbe. (3) Wie nämlich in einem Jungen des Pfaues eine Farbe erscheint, hat aber als Möglichkeit zehntausend Farben in sich, damit sie zur Reife gebracht werden können, so erscheint auch das aus der unendlichen Materie geborene beseelte Ei aus der zugrunde liegenden und immer fließenden Materie bewegt in verschiedenartigen Veränderungen. (4) Vom Inneren des Umfangs her wird nämlich durch die Vorsehung des in ihm befindlichen göttlichen Geistes ein mannweibliches Lebewesen gestaltet, welches Orpheus Phanes[17] Natur. Das Feuer ist nämlich aufsteigend zu dem, was unten von der Zeit (Kronos) nicht verschlungen worden ist, sondern (wie sie sagen) das feurige und lebendige und aufsteigende Wesen folgt aufwärts in die Luft, welche wegen der Reinheit am verständigsten ist. (5) Durch seine eigene Wärme zieht Zeus (das ist das brennende Wesen) den im Wasser verbliebenen, anwesenden starken und göttlichen Geist empor, den sie Metis nennen.

8. Kapitel

(1)Gegen die Höhe seines Äthers ist er gekommen und wurde von ihm verschlungen, Wie das mit Wärme vermischte Flüssige, den stets bewegten Wind herbeiführend die Einsicht[18] erzeugt, die sie auch wegen des Springens[19] Pallas[20] nennen, welches die kunstvollste Art des Denkens ist, durch welche ätherische Künstler, der es gebraucht, die ganze Welt ersonnen hat. (2) Aber der Mann aber der durchdringen Gottheit (des heißesten Äthers), welche sie Hera nennen, reicht von hier bis zu den (fernsten) Orten. Und wie sie zum reinsten Wesen des Äthers hinabgestiegen ist, wie das Weibliche die Reinheit zur Vereinigung des Besseren, wurde sie auf Grund der Ähnlichkeit Schwester des Zeus genannt, wie aus ihrem Wesen geboren; verheiratet aber, weil sie als Frau unterlegen ist.

9. Kapitel

(19Hera wurde aber zur rechten Mischung der Lüfte aufgenommen, weshalb sie auch die Schöpferischste ist. Aber Athena, die sie auch Pallas nennen, wurde als Jungfrau bezeichnet, weil sie nicht vermochte, die äußerste Hitze von jemandem zustande zu bringen. (2) Ebenso wird auch Artemis gedeutet, weil sie die im untersten Winkel der Luft unterbringen und sie durch den härtesten Frost unfruchtbar ist, nennen sie die ebenfalls eine Jungfrau. (3)Und Dionysos nennen sie den Schmutzträger, der Schmutz von oben und unten bewegt und die Aufregung eines Betrunkenen. (4) Wasser aber, das Unterste der Erde, eins für die Natur und durch viele Wege der Erdteile hindurchgehend und in viele Teile zerlegt (wie zerschlagen), haben sie Osiris genannt.(5) Den Adonis sehen sie aber auch als schöne Frucht an, Aphrodite als Vermischung und Geburt, Demeter als Erde, Kore als Samen und einige den Dionysos als Weinstock.

10. Kapitel

(1)Und ich denke mir, dass sich alles ähnlich diesen Allegorien verhält; sieh den Apollon als die umkreisende Sonne an, der ein Nachkomme des Zeus ist, den sie auch Mithras genannt haben, der den Umlauf des Jahres vollendet. (2) Die Verwandlungen des überall dienenden Zeus sind alle die vielen dir bekannten Wendungen[21], seine zahllosen Frauen aber denkt er sich als Jahre oder Generationen. (3) Deshalb kehrt nämlich diejenige, die ihm in jedem Jahr und in (jeder) jeweils beigewohnt hat als Kraft des die Luft durchdringenden Äthers um, und so zeugt und vernichtet er das Schöne. Und Kinder werden die schönen Früchte genannt, aber die Vermischungen mit Männlichen, das sind die Unfruchtbaren zu einigen Zeiten.”

11. Kapitel

(1)Während Appion dies allegorisierte und zusammenhäufte[22], meinte ich, dem von ihm Gesagten nicht folgen zu können, weshalb er die Rede unterbrechend zu mir sagte: (2) „ Wenn du dem, was ich sage, nicht folgst, weshalb bespreche ich dann die Ursache?” Und ich entgegnete: „Halte mich nicht für unempfindlich für das von dir Gesagte; ich würde mich nämlich sehr mit dem beschäftigen, was ich auch nicht zum ersten Mal davon höre. (3) damit du aber weißt, dass mir das von dir Gesagte nicht unbekannt ist, fasse ich das von die Gesagte zusammen, werde ich die Allegorien, wie ich von anderen gehört habe, vervollständigen, die von dir auf Grund der Reihenfolge ausgelassen worden sind.” Und Appion sagte: „Tue so, wie du sagst!”

12. Kapitel

(1)Und ich antwortete:„Ich bin jetzt dabei, genau zu sagen, dass das nach Erreichen der Mischung hervorgegangene beseelte Ei, nicht zerbrochen ist, so dass ein mannweiblicher Phanes heraussprang. (2) Und dies alles fasse ich zusammen, bis der zersprungene Raum den Zusammenhang bekommt, wobei die Materie seines Marks zurückgelassen wurde, und ich gehe kurz über die Rede von den Hauptsachen und den Folgen hinweg über das, was von ihr im Inneren hervorgebracht wurde. (3) Geboren wurde nämlich (wie du sagst) aus Kronos und Rhea (von Zeit und Materie) zuerst Pluton, als die nach unten gewichene Grundlage – als Zweites Poseidon, der die Mitte der oben schwimmenden Flüssigkeit für die nach unten ziehenden Kraft ist – aber das dritte und Oberste ist auch der Äther, welches Zeus ist, das nicht verschlungen worden ist, sondern das eine warme Kraft ist und die nach oben strebende Kraft hat, wie von einem wie von einem Sturm in den Äther als das Führende hinauf geworfen.

13. Kapitel

(1)Die Fesseln aber des Kronos sind die Verbindung von Himmel und Erde, wie ich auch von anderen Allegorierern gehört habe, aber die Abtrennung, aber die Abtrennung ist die Scheidung und Sonderung der unzählbaren Elemente, denn alles wird aus der eigenen Natur abgetrennt und geschieden, wie jedes für sich selbst geordnet ist; und die Zeit hat noch nicht geboren, sondern das von ihm Geborene wird nach dem Gesetz der Natur zu Nachkommen gemacht. (2) Aber die aus dem Abgrund aufgetauchte Aphrodite ist das aus dem Flüssigen zeugungsfähige Wesen, welchem der warme Geist beigemischt ist wird zur Liebe gemacht und vollendet die Schönheit der Weg

14. Kapitel

(1)Aber das Hochzeitsmahl, wo Zeus das Mahl für die Nereide Thetis und den schönen Peleus hergerichtet hat[23], enthält diese Allegorie, damit du, Appion weißt, dass wir dergleichen gehört haben.(2) Denn das Gastmahl ist die Welt, aber die zwölf Himmlischen sind die Stützen der Teile, welche man Gebilde[24] nennt – Prometheus die Vorsorge[25] , durch den das All geworden ist – Peleus, Lehm[26] von der Erde, zur Entstehung des Menschen verwendet, und vermischt mit der Nereide[27], das ist Wasser.(3) Und aus der Mischung beider( des Wassers und der Erde) wurde der erste Vollkommene nicht geboren, sondern geformt, und weil die Lippen[28] nicht an die Lippen gebracht wurden, wurde er Achilleus[29] genannt; (4) er ist aber auch der Höhepunkt, welcher die Begierde geschehen lässt – Polyxenes[30] als das Andersartige und Fremde[31] – <…..>[32] der Schlange wurde beseitigt, mit einem Geschoss auf die Ferse und auf den Spuren des Todes kriechend.

15. Kapitel

(1)Hera fürwahr und Athena und Aphrodite und Eris und der Apfel und Hermes und das Gericht und der Hirte, diesen deutet er dunkel als Vernunft; (2) Hera ist die Heiligkeit, Athena die Tapferkeit, Aphrodite die Lust, Hermes die deutende[33] Rede, Paris der verächtliche und barbarische Trieb. (3) Wenn also die Vernunft auf der Höhe des Lebensalters die Seele hütet und er zufällig ein Barbar ist und das Nützliche (Tapferkeit und Besonnenheit verdrängend) vernachlässigt und allein auf Vergnügungen aus ist und allein der Begierde den Sieg verleiht und dafür von ihr Befriedigung empfängt, dann wird der, welcher nicht richtig geurteilt hat, zu seinem eigenen Verderben seine Wendung empfangen. (4) Eris aber ist das Übel des Neides[34]. Der goldene Apfel aber der Hesperiden soll Reichtum sein, der auch Besonnene (wie Hera) zum Leichtsinn zu verführen Macht hat und die Tapferen (wie Athena) als Neidische, was ihnen nicht entsprach, missbraucht und die Schönheit der Seele (wie Aphrodite) unter dem Vorwand der Zärtlichkeit verdirbt. Kurz, ich sage: Der Reichtum reizt alles zum bösen Streit.

16. Kapitel

Der redliche und philosophische Herakles aber, der den Fürsten und Wächter des Reichtums, die Schlange[35], vernichtete, ist die Vernunft, der aller Bosheit ledig die Welt durchwandert, sich in den Seelen aufhält und die klug macht, die (ihm) begegnen, ich meine aber diejenigen Menschen, welche Wagemutigen ähneln oder furchtsamen Hirschen oder wilden Früchten oder verschlagenen Wasserschlangen, (2) ebenso aber auch all das andere, von dem gesagt wird, dass Herakles es erlitten hat, sind Gleichnisse vernünftiger Tugend. Das jetzt Gesagte sei aber hinreichend; zu jedem nämlich etwas zu sagen, reicht die ganze Zeit nicht.

17. Kapitel

(1)Übrigens wundere ich mich, wie dies weise und fromm und nützlich offen von dir enthüllt werden kann, nachdem es diejenigen, welche als klug und weise gelten, welche wie von einem bösen Dämon besessen beinah alle Menschen betrogen haben, durch listige Gleichnisse und Mythen verborgen und vor den Bösen verhüllt hatten. (2) Entweder sind dies nämlich Gleichnisse, aber die Verfehlungen der Götter sind wahr und sie zu überführen ist erlaubt und von Anfang an den Menschen zur Nachahmung vorzuführen – oder das von den Göttern unwahrer Weise Getane wird gleichnishaft überführt, und sie haben gesündigt, o Appion,(3) denn dir von dir als Weise Bezeichneten haben das Heilige in unheiligen Mythen verborgen, um die Menschen zum Sündigen zu nötigen, und dies freveln auch die, welche als Götter gelten.

18. Kapitel

(1) Nimm deshalb an, dass nicht Weise, sondern böse Dämonen diejenigen sind, welche schlimme Absichten der guten Werke vorschützten, damit diejenigen, die Nachahmer werden wollen, nach den Taten der sogenannten besseren Götter streben, die ich am Tage zuvor nicht verhehlt habe, ich meine aber Vatermorde, Kindermorde, gottlose Vermischungen mit Müttern, Töchtern Schwestern und unanständige Ehebrüche und Homosexualität und verruchte schändliche Handlungsweisen mit anderen Zehntausenden dergleichen frevelhaften Vermischungen. (2) Die Gottloseren von ihnen wollen den Anschein haben, dass dies wahrhaftig sei, damit diejenigen, welche dasselbe tun, sich nicht schämen. (3) Wenn diese fromm sein wollen, dann müssten sie (was ich gerade gesagt habe), auch wahrhaftig als die Götter dasjenige, was fortwährend über sie im Munde geführt wird, getan haben, in Ehrfurcht vor den Göttern das Unheilige in den vermeintlich ehrbaren Mythen wieder herstellen und nicht das Böse, das den durch sie geschehenen guten Taten entgegengesetzt (wie ihr sagt) ist und die unfromme Gestalt umstoßen, was als Allegorisiertes auch mit schwerer Mühe kaum erkannt werden kann, wenn es von einigen erkannt wird, jenen aber boten sie an, nicht verführt zu werden, wobei man sich nicht abmühen muss, den Verführten aber gänzliche Vernichtung. (4) Übrigens nehme ich das auf, welches, um heiliger zu sein, allegorisiert ist, wie die dunklen Gleichnisse aus dem Haupte von Zeus in den Verstand springen. Ebenso ist es mir überzeugender, dass jene Frechheiten der unglückseligen Männer es unternehmen, die Herrlichkeit der Götter wegzubringen.

19. Kapitel

(1)Ich finde nicht, dass den dichterischen Allegorien aller Götter zu folgen ist. Zugleich freilich nennen sie die Natur die Schöpfer der Einrichtung des Alls, dass einst aber die Vernunft das Oberste der ganzen Schöpfung gewesen sei. (2) Dass nämlich aus der Natur der Elemente die erste Bewegung und Vermischung entstanden, aber durch die Vorsehung der Vernunft eingerichtet worden sei. (3) Und das von der Natur geschaffene All sei zwar in Erscheinung getreten, was man aber nicht makellos vorzuweisen kann wegen des Kunstvollen der Schöpfung, und sie flechten die Vorsehung der Vernunft hinein, wie es auch die Weisen schnell zusammenfassen können. (4) Wir aber sagen hu ihnen: Wenn die Welt aus der zufälligen Natur geworden ist, wie hat sie dann richtige Proportion und Ordnung bekommen? Was aus der einzigen überragenden Vernunft entstehen kann, muss auch von der Erkenntnis begriffen werden, die dieses allein erforschen kann. (5) Wenn aber durch die Vernunft das All Mischung und Einrichtung erhält (was notwendig nicht anders geht), wie war es möglich, dass dies aus dem zufälligen Zusammenkommen geworden ist?

20. Kapitel

(1)Die das Göttliche schändlich allegorisieren wollen (wie die Metis von Zeus verschlungen wurde) geraten in Verlegenheit, merken nicht, dass diejenigen, welche die Natur hinsichtlich der Götter schief erforschen, das Sein der Götter selbst weggenommen haben, nachdem sie ihre Gestalten durch die Allegorie auf die Wesenheiten der Welt aufgelöst haben. (2) Es ist also besser, zu sagen, dass die von ihnen besungenen Götter böse Zauberer gewesen sind, welche in geplagte Menschen verwandelt durch Zauberei Ehen zugrunde gerichtet, Leben zerstört haben, denen aber, die in alter Zeit nicht wussten, was Zauberei ist, schienen sie durch das, was sie taten, Götter zu sein; Ihre Schicksale und Gräber wurden auch in den Städten gezeigt.

21. Kapitel

(1)Zugleich freilich (wie ich woanders gesagt habe) wurde in den kaukasischen Bergen das Grab des Kronos gezeigt, eines wilden Gewaltherrschers und Kindermörders. (2) Aber sein Sohn, Zeus mit Namen, der noch schlechter war, zeigte mit der Kraft der Zauberei sich als Weltherrscher und zerstört viele Ehen und bestraft mit den Göttlichen den Vater, und so zeigen die Kreter das Grab. (3) In Mesopotamien liegt Helios in Atros, Selene aber in Karrhae, Hermes war ein Mensch in Ägypten, Ares in Thrakien, Aphrodite in Zypern, Asklepios in Epidauros; und von vielen anderen von ihnen werden Gräber gezeigt.

22. Kapitel

(1)So stimmen richtig Denkende offenkundig darin überein, dass sie Menschen gewesen sind. und die mit ihnen übereinstimmen merken insgeheim, dass sie Sterbliche gewesen sind, unbekümmert machten sie sie zu Verstorbenen, aber die lange Zeit verlieh ihnen die Ehre von Göttern. (2) Und wundere dich nicht, wenn die, welche Anhänger des Asklepios und des Herakles geworden sind, getäuscht werden, oder die des Dionysos oder irgend eines andern von damals, wo auch die Dortigen den Hektor in Ilion und Achilleus auf der Insel Leuke anbeten, die Opuntier den Patroklos, die Rhodier den Makedonen Alexandros.

23. Kapitel

(1)Aber auch bei den Ägyptern wird auch jetzt noch ein Mensch als Gott vor dem Tode verehrt. Und dies ist eine geringere Gottlosigkeit, dass die Ägypter einem lebenden Menschen göttliche Ehren zusprechen, aber das Lächerlichste von allem ist, dass sie Vögel und Schlangen und alle Tiere anbeten. Viele der Menschen bemerken oder tun nichts hinsichtlich des Gerichts. (2) Doch sieh mir das Schändlichste von allem: Dass sich Zeus, den man den Vater der Götter und der Menschen nennt, für Leda verwandelt hat[36], den viele auf einem Bild wiedergegeben und öffentlich ausgestellt haben. (3) Aber zur Strafe für diese Frechheit wollte ich, dass sie ihren jetzigen König in einer schändlichen Verstrickung abgebildet haben, wie sie die Frechheit gegen Zeus begehen und so diejenigen, die es getan haben, öffentlich bloßgestellt werden, damit sie als vom Zorn des gegenwärtigen Königs Bestrafte lernen, wie man die gebührende Ehre erweisen muss. (4) Dies sage ich dir aber nicht als einem, der den wahren Gott kennt, sondern ich stimme mit den Verständigen überein; wenn ich auch nicht weiß, was Gott ist, meine ich aber gewiss zu wissen, dass Gott ist.

24. Kapitel

(1) Zugleich können freilich die vier ersten Elemente, die von einem andern hervorgebracht worden sind, nicht Gott sein, nicht die Mischung, nicht die Vermengung, nicht die Entstehung, nicht der alles umfassende Raum, nicht die in der Unterwelt dahin treibende Grundlage, nicht das oben befindliche Wasser, nicht das brennende Wesen, nicht die von ihm bis hierher reichende Luft. (2) Er hat nämlich die vier Elemente weder von einander getrennt, ohne von einem großen Künstler gemischt zur Geburt eines Lebewesens zu werden, war nicht möglich – noch hatten sie immer aneinander gehaftet, und so wurde das Passende der Teile und Glieder des Lebewesens vom künstlerischen Verstand zusammengefügt, damit jedes zu jedem das richtige Verhältnis erhalten kann und einen wohlgestalteten Zustand hat und alles im Inneren die gebührende Übereinstimmung erhält. Und ebenso richtet auch der künstlerische Verstand die zugehörigen Stellen eines jeden mit aller Wohlgestalt ein. (3) Zusammenfassend sage ich: Auch das andere, was einmal ein Lebewesenhaben muss, entbehrte nicht des Umgangs für dieses große Lebewesen.

25. Kapitel

(1)So muss notwendig ein ungeborener künstlerischer Verstand sein, der die Elemente oder das Getrennte zusammen brachte oder das, was miteinander zusammen war, zur Entstehung eines Lebewesens kunstvoll mischte und ein Werk aus allem vollendete; Es ist nämlich unmöglich, dass ohne einen sehr großen Verstand ein weises Werk vollendet wird. (2) Auch die Liebe kann fürwahr nicht der Künstler von allem sein, noch die Begierde, noch die Kraft, noch etwas anderes dergleichen, was als dem Leiden Ausgesetztes eintrifft und verschwindet hat es hervorgebracht. Sondern Gott wird weder von einem andern getragen noch von der Zeit oder der Natur verändert und ist nicht mehr aufzulösen.”

26. Kapitel

(1)Als ich dies mit Appion besprach, kam Petros von Kaisareia an, und es gab in Tyros einen Volksauflauf, der sich bemühte, ihm zu begegnen und Dank für die Anwesenheit zu bezeugen. (2) Appion zog sich allein mit Annubion und Athenodoros zurück, aber wir anderen liefen alle, um Petros zu begegnen. Ich aber nahm ihn an den Toren als Erster zur Gastfreundschaft auf. (3) Als wir aber angekommen waren, die Volksmassen hatten wir entlassen, und er micht würdigte, ihm das Geschehene zu erzählen, verheimlichte ich nichts, sondern zeigte die Verleumdungen Simons an und die wunderbaren Phantasiebilder, die durch ihn geschehen waren und wie viele Krankheiten er nach der Mahlzeit von dem Rinderopfer hinweg getrieben hatte und dass die von den Kranken hier in Tyros geblieben sind, dass sie aber mit Simon herausgekommen sind, um zugleich mit mir nach Sidon zu kommen, wie sie von ihm geheilt worden sind und dass ich erfahren habe, dass keinem von ihnen Heilung widerfahren ist, (4) auch die mit Appion stattgefundene Aussprache erzählte ich Petrus. (5) Nachdem er mich aber aus Zuneigung und Ermunterung gelobt und gesegnet hatte, nahmen wir vom Salz[37] und wegen der Anstrengungen der Reise wandte er sich zu der sehr notwendigen Ruhe des Schlafes.

Übersetzt von Dr. Hans Jochen Genthe 2013

[01] V: Hesiod, Theogonie 126 – 137; Apollodoros, Bibliotheke I 1
[02] V: Hesiod, Theogonie 188 – 189; Apollodoros, Bibliotheke I 2
[03] V: Hesiod, Theogonie 190 – 192; Dagegen schreibt Apollodoros, Bibliotheke I 13 von Zeus: „Mit Dione zeugte er die Aphrodite.“
[04] V: Hesiod, Theogonie 455 – 459; Apollodoros, Bibliotheke I 4
[05] V: Hesiod, Theogonie 480 – 489; Apollodoros, Bibliotheke I 5
[06] V: Euripides, Ion 453 – 457; Apollodoros, Bibliotheke I 20
[07] V: Hesiod, Theogonie 940;Euripides, Bakchen 95 –96; 241 – 242; Nonnos, Dionysiaka IX 7
[08] V: Catull 64
[09] V: Homer, Ilias VII 99
[10] V: Hesiod, Theogonie 116
[11] V: Orphicorum fragmenta 55. 56
[12] T: Dieses Referat der ohnehin dunklen orphischen Schöpfungslehre wird in einem gestörten Text geboten, der kaum zu heilen ist, was sich auf die Übersetzung auswirkt
[13] E: Kronos (Κρονοσ) ist der Name des schon mehrfach erwähnten Gottes, des Vaters von Zeus. „Zeit“, griechisch χρονοσ (spr. chrónos). Hier beginnt das Allegorisieren
[14] E: Das Flüssige, griechisch το ρεον (spr. tó rheón)
[15] Ü: Andere Möglichkeit. „und ebenso können die Elemente auch verschiedene Farben zeugen“
[16] E: φανησ > φαινειν (spr. phaínein) „scheinen“, „erscheinen“
[17] E: Von „brennend“, griechisch ζεουσα (spr. zeusa) wird also „Zeus“ abgeleitet
[18] E: Das hier stehende Wort συνεσιασ (spr. s´ynesis) heißt auch „Vereinigung“
[19] E: Griechisch παλλεσθαι (spr. pállesthai)
[20] E: Beiname der Athena
[21] E: der Planetenläufe
[22] Ü: Oder „zusammenspann“
[23] V: Homer, Ilias XXIV 59 – 62; 534 – 537; Catull 64
[24] E: Griechisch ζωδια (spr. zódia). Es handelt sich um die zwölf Zeichen des Tierkreises, des Zodiakus
[25] E: Griechisch προμηθεια (spr.prométheia)
[26] E: Griechisch πηλοσ (spr.pélos)
[27] E: Nämlich Thetis, siehe 14,1
[28] E: Griechisch χειλη (spr. chéile)
[29] E: Das A am Anfang von Achilleus wird als Alpha privativum gedeutet, also etwas „ohne Lippen“
[30] E: Griechisch Πολυξενησ
[31] E: ξενησ (spr.: xenés) „fremd“
[32] T: Text gestört und nicht wiederherstellbar
[33] E: Griechisch ερμηνευτικοσ (spr. hermeneutikós)
[34] V: Apollodoros VI 2
[35] E: Damit kann nur die Hydra, die Wasserschlange gemeint sein: Euripides, Herakles 420
[36] V: Euripides, Helene 16; Apollodoros, Bibliotheke III 126
[37] E: Eine abgekürzte Ausdrucksweise für eine Mahlzeit.